„heise online“ berichtet, dass der in Art. 34d Polizeiaufgabengesetz (PAG) Bayern vorgesehene „verdeckte Zugriff auf informationstechnische Systeme“ zwischen 2009 und 2010 fünfmal eingesetzt worden sei. Dazu sei an dieser Stelle zweierlei angemerkt.
Zunächst schreibt heise, es seien Straftaten „aufgeklärt“ worden, im vorletzten Absatz des Artikels hingegen wird betont, es gehe lediglich um die „Abwehr von Gefahren“, nicht hingegen um die „tatsächliche Strafverfolgung“.
Richtig ist vermutlich Letzteres: Gesetze zur Gefahrenabwehr obliegen eben der Gesetzgebungskompetenz der Länder, während die Verfolgung bereits begangener Straftaten in der StPO geregelt ist, einem Bundesgesetz. Damit hat der Bund das Strafverfahrensrecht und die einschlägigen Kompetenzen der Strafverfolgungsbehörden abschließend geregelt, und das Bundesland Bayern hat keine Möglichkeit, diese Kompetenzen durch Landesgesetz zu erweitern.
Interessant ist jedoch auch die Aufzählung der Straftaten, die „aufgeklärt“ werden sollten. heise berichtet von „banden- und gewerbsmäßigem Betrug oder Handel mit Betäubungs- und Arzneimitteln“.
Ungelöste gesellschaftliche Probleme stellen einen hervorragenden Nährboden für diese Delikte dar. Offensichtlich ist das bei der Betäubungsmittelkriminalität, die auf einem „Geschäftsmodell“ basiert, welches eine große Zahl von teilweise in großen Elend lebenden Abhängigen voraussetzt, die einen entsprechenden Absatzmarkt gewährleisten. Auch der illegale Arzneimittelhandel leidet sicher nicht unter den hohen Preisen auf dem legalen Arzneimittelmarkt in Deutschland.
Letztlich gilt ähnliches auch für den Betrug. Dabei sollte man freilich nicht auf der Seite der Täterinnen und Täter ansetzen, die möglicherweise ja erst durch materielle Nöte zu Betrügerinnen und Betrügern geworden sein könnten. Dies trifft im Einzelfall sicher zu, würde der Skrupellosigkeit, mit der gerade beim gewerbsmäßigen Betrug die Opfer um ihr sauer Erspartes gebracht werden, nicht gerecht.
Die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Probleme zeigen sich vielmehr auf der Seite der Opfer selbst: Warum überhaupt lassen sie sich auf windige Geschäfte ein? Nicht selten wird die Antwort in der freilich häufig naiven Hoffnung liegen, auf diese Weise in einen Genuss zu kommen, der bei seriösen Anbieterinnen und Anbietern gar nicht oder nur zu wesentlich ungünstigeren Konditionen zu erlangen wäre. Jene Naivität wiederum ist selbst ein ebenfalls bislang nicht zufriedenstellend gelöstes Problem, denn sie ist Ausfluss der Überforderung, mit der nicht wenige Menschen ihrer Umwelt heutzutage gegenüberstehen.
Wenn man nun aber davon ausgeht, dass die genannten Delikte durch ein entsprechendes gesellschaftliches Umfeld zumindest begünstigt werden, so lässt die Tatsache, dass der bayerische „Landestrojaner“ bislang nur zur Abwehr solcher Delikte eingesetzt werden, die Befürchtung entstehen, dass immer weitergehende Überwachungsbefugnisse hauptsächlich benötigt werden, um Auswirkungen ungelöster gesellschaftlicher Probleme mit polizeilichen Mitteln beherrschen zu können. Dies wäre für sich genommen vielleicht noch zu vertreten, würde man zugleich auch die Ursachen dieser Probleme angehen. Leider jedoch scheint der Tatendrang der Politik hierbei erheblich weniger ausgeprägt.