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Zensus, Studium, Psychiatrie: Geschichten von Gerichten

Zugegebenermaßen liegt mein letzter Post schon eine Weile zurück. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich MicrobloggingDienste mittlerweile für mich entdeckt habe. Diese Dienste eignen sich einfach hervorragend, um mal eben irgendwas mitzuteilen, was mir gerade relevant erscheint.

Ich habe daher den Vorsatz zusammgefasst, zukünftig mehr zusammenfassend und rückblickend in hoffentlich regelmäßigen Abständen mitzuteilen, welche Neuigkeiten es aus der Rechtsprechung gab.

In dieser Woche fang ich an mit gerichtlichen Entscheidungen zum Zensus, der Zwangsbehandlung psychisch kranker Straftäter und der Zulassung zu einem Studium.

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VG Berlin segnet Zensus teilweise ab

Zu einem Teilbereich des Zensus, der „Gebäude- und Wohnungszählung“, gibt es nunmehr eine gerichtliche Entscheidung, die zu dessen Verfassungsmäßigkeit inhaltlich Stellung nimmt. Das VG Berlin hatte über einen Eilantrag einer Wohnungsbaugenossenschaft zu entscheiden, welche sich offenbar gegen diese Zählung wehren wollte. Der Antrag wurde abgelehnt. Der entsprechende Beschluss des VG ist auf dessen Website zu finden; die Begründung wird auch noch mal in einer Pressemitteilung zusammengefasst.

Auch das VG führt zunächst eine recht formale Begründung ins Feld, ähnlich wie auch schon vom VG Neustadt bekannt. Ab Seite 6 (Seitenzahl in der Kopfzeile) letzter Absatz finden sich dann jedoch auch tatsächlich Ausführungen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit selbst.

Hierbei lässt das Gericht leider wenig Problembewusstsein erkennen. Die Zählung diene „legitimen Zwecken des gemeinen Wohls“. Darunter versteht das Gericht zum einen volkswirtschaftliche Berechnungen, zum anderen jedoch auch Berichtspflichten aufgrund einer Richtlinie der EG für einen solchen legitimen Zweck gehalten. Dies erscheint ein wenig merkwürdig. Müsste es nicht richtigerweise darum gehen, zu hinterfragen, welcher „legitime Zweck“ mit diesen Berichtspflichten verfolgt wird? Zwischen den Grundrechten des Grundgesetzes und der Rechtsetzung der EG besteht ein Spannungsfeld. Das ist keine neue Erkenntnis, man denke nur an die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung. Im Einzelnen ist hier noch vieles ungeklärt und im Fluss. Gerade deswegen erscheint es bedenklich, wenn das Gericht in diesem Fall Bedenken, die sich auf die Grundrechte stützen, mit einem kurzen Verweis auf eine EG-Richtlinie vom Tisch wischt.

Ein weiterer, wichtiger Aspekt, den man in der Entscheidung vergeblich sucht, sind die Begehrlichkeiten, die eine Datensammlung wie die, welche hier aufgebaut wird, erfahrungsgemäß weckt. Das Gericht sieht hierin kein Problem, denn „die Reidentifikation“ sei ja verboten und eine Straftat. Zudem würden die hierzu erforderlichen Unterlagen ja nach vier Jahren gelöscht. Dies bedeutet freilich, dass der Gesetzgeber vier Jahre Zeit hat, dieses Verbot aufzuweichen. Dass die Befürchtung, dass das Vorhandensein eines solches Datenbestandes entsprechende Begehrlichkeiten weckt, jedenfalls nicht weniger „pauschal und diffus“ ist, als die vom Gericht angeführten „legitimen Zwecke“ beweist die Erfahrung mit den Daten der Autobahnmaut.

Die Antragstellerin kann gegen den Beschluss noch eine Beschwerde an das OVG Berlin-Brandenburg richten.

(Keine?) Entscheidung des VG Neustadt zum Zensus 2011

Gleich zwei Fehler in einer Überschrift leistet sich die „Frankfurter Rundschau“, wenn sie schreibt: „Gerichtsurteil zum Zensus 2011: Jeder Bürger muss Auskunft geben“. Der eine, unwichtigere, ist eher formal: Es handelte sich, glaubt man der Pressemitteilung des VG Neustadt, nicht um ein Urteil, sondern um einen Beschluss. Wichtiger ist jedoch der andere, inhaltliche Fehler: Mitnichten hat sich das VG Neustadt zur Rechtmäßigkeit des Zensus 2011 geäußert oder gar, wie die FR behauptet, festgestellt, dass jede_r Bürger_in „Auskunft geben“ müsse.

Zumindest gibt die Pressemitteilung des Gerichts das nicht her, obwohl auch ihre Überschrift bereits irreführend ist. Das Gericht hat anscheinend lediglich entschieden, dass ein „Informationsschreiben“ als solches nicht mit einer einstweiligen Anordnung angefochten werden kann. Aus Sicht des Gerichts richtete sich der Antrag gar nicht gegen den Zensus, sondern nur gegen ein Informationsschreiben über den Zensus. Nun wird man sich sicher über die Richtigkeit des Inhalts dieses Schreibens streiten können. Feststehen dürfte jedoch, dass das Schreiben als solches keine Verpflichtung begründet. Deswegen konnte ein entsprechender Antrag eben auch keinen Erfolg haben.

In der Sache bleibt die Rechtmäßigkeit des Zensus also weiterhin offen.

Der Zensus 2011 in der „Süddeutschen“

Morgen, am 09.05.2011, ist der Stichtag für den Zensus 2011. Sämtliche Antworten, die Auskunftspflichtige im Rahmen der Volkszählung geben, müssen den Zustand an diesem Tag wiedergeben. Grund genug auch für die „Süddeutsche“, sich dieses Themas einmal anzunehmen. Ihr Artikel beschäftigt sich hauptsächlich mit den Fragen, die die Bürger_innen häufig bei den zuständigen staatlichen Institutionen stellen. Bei der Gelegenheit sei darauf hingewiesen, dass es in der Bevölkerung durchaus ein beachtliches Interesse an dem Thema gibt. Das ergibt sich nicht nur aus dem Artikel, das erkenne ich auch tagtäglich bei einem Blick in die Statistik meines Webservers. Zahlreiche Besucher_innen werden von Google & Co. auf meine Website gelotst, die offensichtlich nach Möglichkeiten suchen, den Zensus „abzulehnen“. Aus diesem Grunde sei auch hier noch einmal festgestellt: Ein Recht, den Zensus „abzulehnen“, gibt es nicht. Von Rechts wegen gibt es eine Auskunftspflicht, die im Wege des sogenannten „Verwaltungszwangs“, also insbesondere durch die – ggf. auch mehrfache – Verhängung von Zwangsgeldern durchgesetzt werden und deren Nichtbefolgung zudem auch mit Bußgeldern geahndet werden kann.

„FR“: Kritikpunkte am Zensus 2011

Die „Frankfurter Rundschau“ berichtet über Kritik am Zensusgesetz. Die Kollegen Weichert vom ULD und Schaar, BfDI, zeigen dabei Kritikpunkte auf, die auch für eine rechtliche Auseinandersetzung relevant sein könnten. Hinsichtlich der kritisierten Erfassung des religiösen Bekenntnisses zum Beispiel stellt sich die Frage, ob sie der Freiheit des religiösen Bekenntnisses der Befragten hinreichend Rechnung trägt. Anhaltpunkte für eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Befragten könnten sich zumindest unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ergeben: Wenn mehr Daten erhoben werden, als erforderlich ist, um den Zweck des Zensus zu erreichen, so liegt möglicherweise ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor.

Top-Thema „Zensus 2011“

Das neue Jahr hat gerade erst begonnen, da muss ich feststellen, dass sich ein Trend, der sich bereits im letzten Jahr in den Statistiken dieser Website deutlich abzeichnete, auch im neuen Jahr fortsetzt oder sogar verstärkt. Meine beiden Artikel zum „Zensus 2011“ sind nach wie vor diejenigen Postings meines Blogs mit der höchsten Zugriffszahl. Das ist freilich an und für sich wenig erstaunlich, denn wir schreiben nunmehr das Jahr 2011, und die Volkszählung steht vor der Tür.

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„zensus 2011 ablehnen“?

In letzter Zeit verirrten sich offenbar wiederholt Besucher auf diese Website, die bei Google nach dem Ausdruck „zensus 2011 ablehnen“ gesucht hatten. Das war für mich zunächst sehr überraschend, dass Google bei dieser Kombination einen Link auf meinen Blog ausspuckt, denn eigentlich hatte ich dazu bislang noch gar nicht viel geschrieben. Der Grund dafür dürfte wohl folgender kurze Artikel vom 01.10.2010 sein, den ich dann hier als kleinen Service für meine um ihre persönlichen Daten besorgten Besucher noch einmal neu verlinke: „Liebesgrüße aus Karlsruhe“

Update: Siehe auch Top-Thema „Zensus 2011“

2. Update: Siehe auch Zensus-FAQ der „bsz“

3. Update: Siehe auch (Keine?) Entscheidung des VG Neustadt zum Zensus 2011