Zu einem Teilbereich des Zensus, der „Gebäude- und Wohnungszählung“, gibt es nunmehr eine gerichtliche Entscheidung, die zu dessen Verfassungsmäßigkeit inhaltlich Stellung nimmt. Das VG Berlin hatte über einen Eilantrag einer Wohnungsbaugenossenschaft zu entscheiden, welche sich offenbar gegen diese Zählung wehren wollte. Der Antrag wurde abgelehnt. Der entsprechende Beschluss des VG ist auf dessen Website zu finden; die Begründung wird auch noch mal in einer Pressemitteilung zusammengefasst.
Auch das VG führt zunächst eine recht formale Begründung ins Feld, ähnlich wie auch schon vom VG Neustadt bekannt. Ab Seite 6 (Seitenzahl in der Kopfzeile) letzter Absatz finden sich dann jedoch auch tatsächlich Ausführungen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit selbst.
Hierbei lässt das Gericht leider wenig Problembewusstsein erkennen. Die Zählung diene „legitimen Zwecken des gemeinen Wohls“. Darunter versteht das Gericht zum einen volkswirtschaftliche Berechnungen, zum anderen jedoch auch Berichtspflichten aufgrund einer Richtlinie der EG für einen solchen legitimen Zweck gehalten. Dies erscheint ein wenig merkwürdig. Müsste es nicht richtigerweise darum gehen, zu hinterfragen, welcher „legitime Zweck“ mit diesen Berichtspflichten verfolgt wird? Zwischen den Grundrechten des Grundgesetzes und der Rechtsetzung der EG besteht ein Spannungsfeld. Das ist keine neue Erkenntnis, man denke nur an die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung. Im Einzelnen ist hier noch vieles ungeklärt und im Fluss. Gerade deswegen erscheint es bedenklich, wenn das Gericht in diesem Fall Bedenken, die sich auf die Grundrechte stützen, mit einem kurzen Verweis auf eine EG-Richtlinie vom Tisch wischt.
Ein weiterer, wichtiger Aspekt, den man in der Entscheidung vergeblich sucht, sind die Begehrlichkeiten, die eine Datensammlung wie die, welche hier aufgebaut wird, erfahrungsgemäß weckt. Das Gericht sieht hierin kein Problem, denn „die Reidentifikation“ sei ja verboten und eine Straftat. Zudem würden die hierzu erforderlichen Unterlagen ja nach vier Jahren gelöscht. Dies bedeutet freilich, dass der Gesetzgeber vier Jahre Zeit hat, dieses Verbot aufzuweichen. Dass die Befürchtung, dass das Vorhandensein eines solches Datenbestandes entsprechende Begehrlichkeiten weckt, jedenfalls nicht weniger „pauschal und diffus“ ist, als die vom Gericht angeführten „legitimen Zwecke“ beweist die Erfahrung mit den Daten der Autobahnmaut.
Die Antragstellerin kann gegen den Beschluss noch eine Beschwerde an das OVG Berlin-Brandenburg richten.